BUND Ortsgruppe Heckengäu

Vortrag "Das Verstummen der Natur - Artensterben vor der Haustür"

StadtBibliothek Heimsheim
Martin Häcker beim Vortrag in Heimsheim  (BUND Heckengäu)

Auf Einladung der StadtBibliothek war am vergangenen Freitag, den 17.01., Martin Häcker von der BUND-Ortsgruppe Heckengäu zu Gast in der Zehntscheune. Der langjährig ehrenamtliche Naturschutzwart führte aus, dass das immense Insektensterben nur ein Aspekt der Bedrohung für unsere Erde darstellt. Durch die menschliche Übernutzung unserer Ressourcen ist das ganze Ökosystem unseres Planeten, und somit unsere Überlebensgrundlage, bedroht. Jedes Jahr sterben 20.000 Tierarten aus. Als Nachweis führte er die Roten Listen an, die den Artenrückgang dokumentieren und deren Umfang sich drastisch vergrößert haben. Vor allem in den vergangenen 30 Jahren gab es eine enorme Beschleunigung. Insekten erfüllen wichtige Aufgaben: zwei Drittel unser Lebensmittel sind von ihrer Bestäuberleistung abhängig, sie recyceln tote Biomasse (Gesundheitspolizei) und sind wichtige Nahrungsquelle für andere Tiere. Wir haben in den vergangenen 30 Jahre über 75% Biomasse Insekten verloren! Vor allem der Rückgang natürlicher Lebensräume durch die intensive Landwirtschaft mit ihrem Einsatz von Pestiziden, aber auch durch Bodenversiegelung, Abholzung der Wälder und Zergliederung unserer Landschaft durch Straßen sind die Hauptursachen dieser negativen Entwicklung. Der Naturkenner kommt zur Schlüsselerkenntnis: „Die Arten sterben durch Verlust ihrer Lebensräume“. Die Kulturlandschaft vergangener Zeiten mit kleinteiligen Feldern und Hecken – wir sind ja hier im Heckengäu beheimatet – hat sich in eine strukturarme, chemisch belastete Agrarlandschaft mit Monokulturen gewandelt. Dazu kommt die Verinselung der Restbiotope, sowie die Überdüngung und Vergiftung durch Pestizide. Problemtisch sind vor allem die Neonicotinoide: die Insekten werden „süchtig“, infektanfälliger und verlieren ihre Orientierung. Deshalb wurden einige verboten, aber leider sind noch genügend Ackergifte erlaubt. Das Dilemma der gut gemeinten Blühstreifen an Ackerrändern ist: durch zu viel Düngung und nicht heimische Blüten werden diese zu Todesfallen. Auch unser Grundnahrungsmittel, das Wasser, ist in Gefahr. Die Wasserwerke schlagen schon seit längerem Alarm: die Pesitzid- und Antibiotikabelastung ist in 88% der Wasserproben nachweisbar und somit eine immense Gefahr für unsere Gesundheit. Resümierend stellt der Referent nicht die Landwirte an den Pranger, sondern die Agrarpolitik. Die Bauern sind nur selbst „Getriebene des Systems“. Wir brauchen umgehend eine Agrarwende! Martin Häcker verweist auf die Dokumentation des ARD vom 29.04.2019, diese ist in der Mediathek nachzuschauen: „Gekaufte Agrarpolitik“. Eindringlich warnt er, dass uns die Zeit davonläuft: unser bisheriger ökologische Fußabdruck in Deutschland bedeutet, dass wir jetzt schon eigentlich über 3 Erden bräuchten; aber wir haben nun mal nur die Eine!

Was können wir tun? Unbedingt nötig sind weitgehende Reduzierung von Pestizid- und Düngereinsatz sowie Verzicht auf Massentierhaltung und die Förderung des Ökolandbaus. Umstellungswillige Landwirte müssen finanziell viel besser unterstützt werden! Wichtig sind Ausweitung und Vernetzung der noch übrigen Biotope und eine strukturreichere Landschaft. Auch die Kommunen und die BürgerInnen sind in der Pflicht: mehr Wildwuchs in Gärten und Grünflächen, heimische Pflanzen und Gehölze anpflanzen, Verzicht auf Mähroboter. Mehr verantwortungsvolleres und nachhaltigeres Konsumverhalten mit Verzicht auf Fleisch und Milchprodukten, außerdem Kauf von Bioprodukten. Um das Massensterben noch aufhalten zu können, müssen wir auf allen Ebenen das Maximum erreichen. Ansonsten ist leider in sehr naher Zukunft der Einflusspunkt überschritten und ein Dominoeffekt wird eintreten, der unumkehrbar ist. Die verschwundenen Arten werden auch nicht wiederkommen, sie sind unwiderruflich verloren! Dadurch wird unserer Biodiversität – die wie ein Immunsystem für unsere Erde wirkt - großen Schaden zugefügt.

„Jeder kann etwas tun, helfen Sie mit! Wenn wir das Artensterben aufhalten, retten wir letztendlich uns selbst und werden somit der Verantwortung für unsere Kinder und Enkelkinder gerecht!“